Ein Steinbruch guter Ideen

Wo die Bundesrepublik sich die DDR zum Vorbild nahm

Von Matthias Krauß

Als die frühere Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU) einmal ihre neueste Errungenschaft pries, das nunmehr eingeführte Leistungsstipendium, hielt sie es für erwähnenswert, dass „erstmals“ an deutschen Hochschulen und Universitäten dieses Instrument zum Einsatz gelangen könnte.

Natürlich ist das einer dieser Sätze, mit denen man sich in Ostdeutschland blamiert. Frau Schavan hätte einfach mal mit ihrer Chefin Angela Merkel reden sollen; die Trägerin der Lessing-Medaille hätte ihr etwas von Leistungsstipendium zu DDR-Zeiten erzählen können. Dieses Leistungsstipendium aber ist mehr, ist das vorerst letzte Glied in einer beeindruckenden Serie von Beispielen, in denen die Bundesrepublik jene Auffassungen, Grundsätze und Formenelemente, Regeln und Gepflogenheiten übernahm, die in der DDR entwickelt bzw. in ihr praktiziert worden sind. Ungeachtet aller Repression, weltanschaulicher Einseitigkeit, offenkundiger Ablehnung der Demokratie in ihrer westlichen Variante und dem Verrammeln von Türen Richtung Westen galt also für die DDR auch dies: Sie hat jede Menge Türen aufgestoßen, durch welche die Bundesrepublik viel später auch geschlichen ist. Nicht nur auf das Leistungsstipendium trifft zu: Der „Unrechtsstaat“ dient bis heute als ein Steinbruch guter Ideen. Ein Steinbruch guter Ideen weiterlesen